Es ist Ende März an einem sonnigen Frühlingstag und es ist nun fast ein Jahr, dass ich die Entscheidung gefällt habe, mit meinem bisherigen Leben abzuschließen und in die Tiefen der digitalen Normandie abzutauchen. Und was soll ich sagen? Ich sitze erneut auf Gran Canaria und genieße die letzten Sonnenstahlen des Tages.
Und obwohl ich innerhalb der Woche tagsüber arbeite und dadurch eine gewisse Spur von Normalität erfahre, hat das alles immer noch einen Geschmack von Urlaub. Okay, wohl primär dadurch, dass die Menschen in meinen Nachbar-Bungalows wirklich Urlaub haben. Es sind zum Großteil Deutsche Urlauber. Mit Kindern, Bierbauch und einem Lärmpegel wie auf dem Oktoberfest der Unterschicht. Hören Heterosexuelle eigentlich deshalb nach drei Kindern auf, weil sie schlicht keiner mehr fickt?
Deutsche im Urlaub sind außerordentlich schrecklich. Wieso um Himmels Willen sitzt man um acht Uhr morgens im Restaurant beim Frühstück, wenn man doch Urlaub hat? War der Wein am Vortag ausverkauft oder ist man einfach nur blöd? Frühstück in spanischen Hotels nimmt man sowieso nur deswegen zu sich, weil es kostenlos ist und weil das anschließend notwendige Klopapier ebenfalls unbegrenzt zur Verfügung steht. Aber glaubt mir: Auch nach 800g Lachs macht das Hotel noch einen Gewinn.
Mal ein Buch lesen …
Ich bin ja kein Mensch, der Bücher liest. Aber in diesem Fall mache ich eine Ausnahme und empfehle das Buch „Elvira auf Gran Canaria„. Das ist schon sehr viele Jahre alt, beschreibt aber in ziemlicher Perfektion, wie man als Schwuler Mann auf Gran Canaria lebt und was man dort alltäglich erlebt. Auch wenn das Ganze durch die Corona-Krise abgemildert ist und deutlich weniger los ist als vor der Seuche, ist man dennoch von hunderten Männern, etlichen Partys, einer Fülle an Sexclubs und natürlich einer fast Regenfreien Zeit umgeben. Das ist einfach geil.
Etwas über sechs Wochen habe ich im Oktober und November 2021 auf der offiziellen Gay-Insel verbracht – und drei Wochen im März 2022. Somit war es bisher mein längster Aufenthalt in der Zeit als digitaler Nomade. Und in der Tat gab es allen neun Wochen nur drei bis vier Mal für wenige Stunden ein paar Tropfen Regen. Temperaturen von 20 bis 27 Grad sorgen dafür, dass man nicht mal an eine Winterjacke denkt. Pullover sind auf den Kanaren genauso überflüssig wie Regenschirme. Als Minimalist ist das geil, schließlich kann das Gepäck weiter reduziert werden. Naja, zumindest dann, wenn man nicht mehr geplant hätte, nach Deutschland zurückzukehren.
Das Sammelalbum der Geschlechtskrankheiten
Es gibt eine innovative Sache und Idee, die mir vor einigen Jahren in Kopf kam, als ich das erste mal im oben erwähnten Buch gelesen habe: Ich plane die Einführung einer Art Sammelalbum für den jährlichen CSD-Besuch auf Gran Canaria oder sogar die ganze CSD-Saison eines Jahres.
Jeder Schwule bekommt zu Anfang der Saison von seiner Krankenkasse eine kleine Stempelkarte im Kreditkarten-Format zugeschickt, welche für jede relevante Geschlechtskrankheit zwischen ein und drei Stempel-Feldern enthält. Sobald man sich den ersten Tripper eingefangen hat, gibt’s einen Stempel. Auch für Feigwarzen, Chlamydien, Hepatitis und die moderneren Seuchen (Corona und Affenpocken) gibt es Felder. Hat man genug Stempel gesammelt, bekommt man von der Krankenkasse nach Rücksendung am Saison-Ende je nach Stempel-Anzahl ein entsprechendes Präsent. Das kann von einem Aufklärungsmagazin über eine Packung Kondome oder einem Kilo Prep bis hin zur fristlosen Kündigung des Versicherungsschutzes variieren. Immer davon abhängig, was die Krankenkasse für angemessen hält.
Auf der Rückseite der Stempelkarte gibt es als Bonus-Zusatz übrigens noch ein großes Freifeld, in welchem man für jeden Bums einen Strich auf einer Strichliste ergänzen kann. So weiß man beim späteren Prahlen im schwulen Freundeskreis auch ganz sicher, wie viele Stiche man gelandet hat.
Katzen. Ich hasse Katzen.
Stellt euch vor, ihr wacht nach einer durchzechten Nacht irgendwann auf und fragt euch, wo ihr seid. Glück gehabt, ihr seid in eurem eigenem Bett und alleine. Doch auf dem Weg zum Klo folgt der Horror: Es ist eine Katze im Kleiderschrank, die beim Vorbeigehen laut kreischend flüchtet. Wieso um Himmels Willen ist eine Katze im Kleiderschrank? Und auf wie viele Kleidungsstücke hat sie gekackt? Irgend ein sehr schlauer Mensch hat gesagt, dass nur tote Katzen wirklich gute Katzen sind. Und dem stimme ich, tierlieb wie ich bin, grundsätzlich zu.
Zudem werde ich es unterlassen, die Schlafzimmer-Tür offen zu lassen. Realistische Menschen tun das alleine auf Grund der Tatsache, nachts nicht überfallen und ausgeraubt zu werden. In meinem Bett-Geher-Zustand war mir das egal. Womit ich allerdings nicht gerechnet habe war die Pussy im Kleiderschrank.


