Man merkt, dass man nicht mehr in Berlin ist, wenn man um 10 Uhr morgens eine Flasche Wein bestellt und dabei komisch angeguckt wird. In Berlin wäre das an der Tagesordnung und es ist wenig verwunderlich, wenn man schon auf der Fahrt zur Arbeit Leute in der Bahn sieht, die sich Bier oder harten Alkohol reinziehen. Womöglich sind die auch auf dem Weg zur Arbeit.

Aus dem erhofften „Sommer in Berlin“ ist leider nichts geworden. Gut, dass mich das schlechte Wetter über Monate hinweg verfolgt, überrascht mich nicht, trotzdem hätte ich mit ein bisschen mehr Temperatur gerechnet. Womöglich kann ich aber froh sein, nicht einer Flut oder einer Feuersbrunst zum Opfer gefallen zu sein. Zum Opfer gefallen bin ich lediglich dem diesjährigen Berliner Wetter. Allsonntaglich regnet es, ein paar Stunden kommt die Sonne zwischendurch aber mal zum Vorschein. Die wenigen Partys und Veranstaltungen fallen ins Wasser.

Mit der Bahn nach Stuttgart

Meinen einmonatigen Trip nach Berlin habe ich um zwei Tage verkürzt, um meine Schwester und mein Patenkind für ein Wochenende in Stuttgart zu besuchen. Die Züge fahren glücklicherweise wieder normal. Auf Grund des Streiks von Dienstag bis Donnerstag hatte ich noch Angst, dass am Freitag weiter Chaos herrscht oder die GDL erneut beschließt, weiterhin das halbe Land ohne Rücksicht auf Verluste lahm zu legen. Es ist mir sowieso unbegreiflich, wie die Politik eine Verkehrswende herbeiführen will, wenn die Bahn andauernd streikt. Mit einem geilen Audi A8 mit 600 PS wäre das nicht passiert. Nur gibt’s da halt keinen Rotwein.

Die Bahnfahrt vom Berliner Hauptbahnhof nach Stuttgart dauert über vier Stunden. So kam ich auf die Idee, ein Upgrade in die erste Klasse zu erwerben, um auf der längeren Strecke gemütlich zu sitzen. Im Bahncomfort Online-Shop kann man dazu passend einen so genannten „E-Token“ erwerben. Das ist quasi wie ein gedrucktes Update-Ticket, nur halt elektronisch in Form einer E-Mail. Ich ging davon aus, dass man diesen E-Token direkt nach Bestellung per Mail erhält. Aber nein, Pustekuchen. Natürlich nicht bei der Deutsche Bahn. Und so oft ich schon geschrieben habe, dass ich mich nicht mehr über die Bahn beschwere, so oft muss ich es dann leider doch tun, denn der Versand der E-Mail dauert bis zu vier Werktagen. Unglaublich, aber wahr. Richtig gehört: Man bietet ein elektronisches Ticket an, um sich den Postweg zu sparen und braucht dann trotzdem mehrere Werktage für den Versand. Ganz ehrlich liebe Deutsche Bahn, mit diesem System könnt ihr euch euren verkackten E-Token in den Hintern schieben.

Die Frau an der Hotline hat das Problem nicht verstanden und mich belehrt, dass ich doch einfach bei der Comfort-Hotline anrufen soll, wenn ich spontan (= innerhalb der nächsten paar Tage in Bahnsprache) ein Update in die erste Klasse benötige. Auf diesem Weg hat es funktioniert und ich hatte mein Ticket innerhalb weniger Minuten im Postfach.

Wenn Deutschland, dann Berlin

In den letzten Monaten habe ich um die 20 verschiedenen Städte in Deutschland besucht. Mal für länger, mal für nur ein paar Tage. Und wenn ich mich für eine der bisher besuchten Städte entscheiden müsste, in der ich mir vorstellen könnte zu leben, dann wäre das definitiv Berlin. Nicht Hamburg, nicht München, nicht Dresden, sondern Berlin. Und das mit großem Abstand. Warum? Das kann ich wohl gar nicht sagen, aber in der Hauptstadt fühle ich mich einfach rundum wohl. Partys, Boys, Leben, Chaos, Nahverkehr. Alles Dinge, die Berlin wie sonst keine andere Stadt in Deutschland bietet.

Doch natürlich lobe ich den Tag nicht vor dem Abend. Ein paar Städte habe ich noch vor mir, bevor ich meine Rundreise durch Deutschland beende. Es steht ein einmonatiger Aufenthalt in Köln und eine weitere Tour nach München und Bayern an. Immerhin habe ich es immer noch nicht geschafft, den Bodensee zu erreichen. Ganz nördlich war ich auf Sylt, ganz südlich muss es der Bodensee sein. Dann kann ich behaupten, dieses tolle Land vollständig bereist zu haben. Naja, wir werden sehen.

Und wichtig ist auch, dass ich mich für keine Stadt entscheiden muss. Mein Weg bleibt auch in den nächsten Monaten (bzw. hoffentlich Jahren) das Ziel.