Was der Traum vieler Kinder ist, entspricht dem Albtraum ihrer Eltern. Ein Besuch bei Disney, unabhängig von Paris oder Orlando. Selbst wenn der liebe Papa sein Auto verkauft und eine weitere Hypothek auf seine Drei-Zimmer-Wohnung in Cottbus aufnimmt, reicht es kaum für ein Wochenende für eine vierköpfige Familie im “Walt Disney World Resort”. Bei dem, was dort an Preisen aufgerufen wird, wundert es mich doch wirklich, dass noch immer Elon Musk die Spitze der Forbes-Liste anführt.
Aber von vorne. Vor knapp drei Jahren war ich das erste Mal in Orlando. Und wie es sich für einen vorbildlichen schwulen Mann gehört, habe ich als erstes das Denkmal am ehemaligen Pulse Club besucht. Es ist wirklich heftig, was dort 2016 passiert ist. 49 Menschen verloren an diesem Tag ihr Leben – und natürlich kommen einem beim Besuch die Tränen, gerade weil man gesellschaftlich so nah an diesen Menschen ist. Man kann sich glücklich schätzen, selbst noch kein Opfer homophober Gewalt geworden zu sein.
An den darauffolgenden Tagen hatte ich die Gelegenheit, erstmalig die Parks in Orlando zu besuchen. Und auch hier habe ich geheult – allerdings nicht aus Trauer, sondern aus purer Freude. So viele Erinnerungen an Figuren, Bilder und Erlebnisse aus meiner Kindheit und Jugend. Es ist halt einfach Disney. Und nur auf Grund überemotionaler Reaktion meiner Selbst ist mir gar nicht aufgefallen, wie sehr ich schon damals ausgenommen wurde. Da es meine erste USA-Reise war, habe ich vielleicht aber auch eher nach dem Motto “scheiß auf die Kosten” gelebt. Das Shoppen in Miami ein paar Tage später hat der Kreditkarte auch nicht besser getan.
2022: Die Rückkehr
Nach überstandener Gay-Cruise stand auch für dieses Jahr wieder ein Besuch in Orlando an. Wie schon 2019 hatten wir erneut einen der vielen Wasserparks fest eingeplant. Und auch dieses Jahr waren sämtliche Wasserparks wegen Temperaturen um die 15 Grad geschlossen. Das ist sehr merkwürdig, passiert es doch eher selten. Es passiert nämlich genau dann, sobald ich den amerikanischen Luftraum betrete. Okay, Badehose entsorgt, Jacke hervorgekramt und als Alternative zum Wasserpark den Disney-Zoo “Kingdom Of Animals” auserkoren. Dazu gleich mehr. Sollte ich es in ferner Zukunft doch mal in einen der Wasserparks schaffen, werde ich womöglich doch wieder vor Freude heulen. Und auch dann werden mir die anfallenden Kosten egal sein.
Für den ersten Park-Tag hatten wir uns in diesem Jahr für die beiden Parks von Univernal entschieden. Und ich sollte sehr schnell lernen, dass man das mit dem professionellen Ausnehmen der Gäste noch deutlich besser machen kann als Disney. Die Touristen in Scharen anlockenden Marken wie “Harry Potter” sind schon seit jeher die perfekte Gelddruckmaschine.
So geschah es, dass man uns für den Kombi-Eintritt für beide Parks für einen Tag inklusive dem sogenannten “Fast Pass” knapp 300 Dollar abnahm – wohlgemerkt pro Person. Das sind 600 Mark! Und wer jetzt denkt “uh geil, dafür muss man mit dem Fast Pass zumindest nirgends anstehen”, dem sei gesagt: Forget it. Der besagte Pass gilt nämlich nur für die Attraktionen, die nicht interessant sind. Die neusten Attraktionen der Saison, die dieses Jahr “Hagrid’s Magical Creatures Motorbike Adventure” und “Jurassic World VelociCoaster” waren, sind ausgeschlossen. Und auch bei den meisten anderen darf man den Fast Pass genau 1x benutzen. Möchte man mehr, bezahlt man weitere 30$ pro Person.
Keine Frage, beide neue Achterbahnen waren mega. Und dadurch, dass man als Gast in einem der Universal-Hotels eine Stunde früher in den Park kann, haben wir zumindest auch beide Bahnen jeweils einmal fast ohne Wartezeit (< 30 Minuten) genießen können. Für die zweite Fahrt in der Hagrid-Achterbahn haben wir dann 110 Minuten gewartet. Insgesamt bestand der 10-Stunden-Tag in den Parks aus 6-8 Stunden reiner Wartezeit, unabhängig davon ob es Schlangen an Attraktionen oder an Restaurants waren. Alkohol gab es dort leider so gut wie nirgendwo. Zumindest dafür hätte es sich gelohnt, ein bisschen zu warten.
In diesem Jahr hatten wir uns für das Günstigste und Neuste der unzähligen Universal-Hotels entschieden. Ein großer Fehler, wie sich schnell herausstellte. Das Gebäude gleicht dem teureren Hotel fast 1 zu 1. Mit dem winzigen Unterschied, dass hier absichtlich der Komfort verschlechtert wurde, z.B. durch Duschen ohne Wasserdruck und separaten Hähnen für Warm- und Kaltwasser.
Avatars Rache
Am nächsten Tag checkten wir früh aus, schließlich hatten wir einen Tag in Disneys “Kingdom of Animals” geplant. Doch schon mit dem Öffnen der Gardinen wurde schnell klar: Es wird eine feuchte Angelegenheit. Es war so sogar feucht, dass Generationen von Lesben neidisch wären. Strömender Regen in Florida. Selbstverständlich ließen wir uns davon nicht ermutigen und fuhren los. Am Eingang des XXL-Parkplatzes, der in etwa die Fläche des Saarlands einnimmt, wurden uns freudige 50 Dollar als Parkgebühr abgenommen, damit wir unser viel zu großes Auto zwei Kilometer entfernt vom Park abstellen durften. Doof nur, dass gerade heute der kleine Shuttle-Bus, der die Besucher normalerweise zum Park-Eingang bringt, wegen Schlecht-Wetter nicht fährt. Hallo? Gerade für Schlecht-Wetter braucht man diesen Bus. Wie auch immer, nach zwei Kilometern Fussmarsch sind wir komplett durchnässt am Eingang angekommen. Glücklicherweise kamen wir an diesem Tag mit einem kleineren Eintrittsgeld davon. Lediglich 100$ pro Person wurden von der Kreditkarte abgezogen. Das eingesparte Geld nutzten wir direkt zum Erwerb eines Regenponchos. Das ist eine Art Plastiktüte, die man sich über den Kopf und den halben Körper stülpt. 12$ pro Person später waren wir endlich regensicher. Ich konnte meinem Freund im Nachhinein gerade noch ausreden, diese tolle Investition im Gepäck mit zurück nach Deutschland zu nehmen. In good old Germany ist der Besitz von Plastiktüten nämlich schlimmer als schwere Körperverletzung.
Zur Mittagspause mussten wir erneut feststellen, dass dieser Disney-Park primär durch Familien geprägt ist. Wir befanden uns in einem Restaurant in Mitte einer Kolonne aus Kinderwagen und schreienden Kleinkindern, die keine Lust hatten, noch länger auf ihr Essen oder die dafür notwendig Kredit-Bewilligung zu warten. Für eine ca. 10cm große Mini-Pizza und einen Baby-Salat wurden erneute 20$ pro Person fällig. Es muss wohl nicht erwähnt werden, dass wir am Ende noch Hunger hatten.
Ich möchte aber auch nicht vergessen, die positiven Seiten am Park zu erwähnen: Der Ausschnitt aus dem “König der Löwen” Musical war grandios, auch wenn wir dafür 90 Minuten Schlange stehen mussten. Auch die Fahrt im Truck durch eine Art Safari mit echten Tieren war interessant. Ich vermute allerdings, dass ich Angst vor Elefanten habe. Technisches Highlight war die neue Attraktion “Avatar Flight of Passage” mit 120 Minuten Wartezeit. Wäre vielleicht ein Fast Pass sinnvoll gewesen? Nein, da der Park nur über genau eine Achterbahn verfügt, die unglücklicherweise genau zu unserem Besuch wegen Wartungsarbeiten geschlossen war. So ein Glück aber auch, ersparten wir uns dadurch weitere zwei Stunden Wartezeit zwischen Kindern und nörgelnden Eltern, die vergeblich nach alkoholischen Getränken suchten, um ihre Familie auch nur eine Minute länger zu ertragen zu können. Manchmal ist es für Verhütung halt viel zu spät.
Mein Fazit aus dem zweiten Besuch in Orlando lautet: Diese Parks in Zukunft nicht mehr besuchen. Dafür ist das Verdienen des Geldes dann doch zu anstrengend. Eine Ausnahme gibt es aber natürlich: Wenn irgendwann doch mal Wetter herrscht, welches für einen Wasserpark angemessen ist, dass lasse ich meine Kreditkarte spritzen bis zum Abwinken.


