Ist heute Dienstag oder Mittwoch? Es ist Donnerstag! Früher wäre mir das nicht passiert. Wenn man an jedem Tag der Woche einzig und allein auf das Wochenende hinfiebert und innerlich die Stunden bis Freitag Abend zählt, ist man sich des Wochentages genau bewusst.

Am Dienstag einer Woche habe ich das erste Mal über die Zweifel an meinem Plan geschrieben. Diese begleiten mich auch weiterhin täglich, doch sie werden weniger. Nachdem ich für die meisten Dinge meiner Liste der potentiellen Probleme und Schwierigkeiten zumindest eine theoretische Lösung gefunden habe, lichten sich die Wolken in meinem Kopf und ich sehe wieder klarer. Die vergangenen zwei Wochen habe ich mir so viele Gedanken um mein Leben und seine Details gemacht wie wohl nie zuvor. Tag und Nacht arbeitete mein Gehirn, sogar in den Träumen. Ich konnte es nicht mehr stoppen. Langsam wird es besser. Ein Gefühl der Ordnung überschreibt das Gefühl des Chaos. Die Unsicherheit weicht einer immer größer werdenden Aufbruchstimmung. Ich kann den Start kaum erwarten. Statt die Tage bis zum Wochenende zu zählen, zähle ich die Tage bis zum Start der Testphase. 41! Es wird der 5. Mai 2021 sein. Am Liebsten würde ich einen großen Sperrmüllwagen bestellen, den Rest der Gegenstände und Möbel in der Wohnung komplett entsorgen und mich sofort aufmachen. Aber eine ganz so krasse Geldverschwendung hatte ich dann doch nicht geplant. Abgesehen davon muss ich ja auch noch das Ende des Lockdowns abwarten. Hoffen wir mal, dass dem Mai-Start kein Strich durch die Rechnung gemacht wird.

Meine Idee ist es, immer Mitte der Woche den Ort zu wechseln. Also Mittwochs oder Donnerstag Abends nach der Arbeit Richtung Bahnhof und ab in den nächsten Ort. Das Wochenende möchte ich im entsprechenden Ort verbringen und die Zeit nutzen, um die Gegend kennen zu lernen. Der Plan für die Ausgestaltung der Testwochen nimmt also langsam Gestalt an. Es sollen sechs Orte in sechs Wochen werden. Am Ende der vierten Woche entscheide ich über meine Zukunft und werde meine Wohnung in Hanover fristgerecht kündigen – oder halt nicht. Wenn ich Mitte Juni nach Hannover zurückkehre, habe ich dann noch ein bisschen Zeit für die Wohnungsauflösung. Zehn Wochen um genau zu sein.

Sechs Orte in Deutschland werden wohl nicht schwer zu finden sein. Dabei möchte ich Neues mit Bekanntem Verbinden, ein wichtiger Stop der Reise ist für mich daher Hamburg. Mal wieder auf Freunde und Kollegen treffen, natürlich unter Berücksichtigung aller wahllos aufgestellten Abstandsregeln. Doch beginnen werde ich am Meer, ob Nord- oder Ostsee bleibt unklar. Die Route geht vom Norden in den Süden. Ich hatte ja schon erwähnt, dass sich meine Testphase komplett innerhalb Deutschlands abspielen wird. Samt AirBnb und Deutsche Bahn. Thank you for travelling.

Die Zwischenstopps auf dem Weg von Nord nach Süd sind ebenfalls noch offen. Nach Hamburg wird mein erstes Ziel wohl Ostdeutschland sein. Vielleicht ist das ja doch nicht so schlimm, wie es in meinen Vorurteilen aussieht. Leipzig oder Dresden, oder beides. Danach dann weiter Richtung Stuttgart oder alternativ in das Ruhrgebiet. Das Endziel hingehen steht genau wie der Beginn schon fest: Die Woche fünf werde ich in München verbringen, die Woche sechs in einer ruhigen Umgebung am Bodensee. Jetzt muss ich nur noch überlegen, wie ich meinen Geburtstag und den Geburtstag meines besten Freundes in diesen Plan inkludiere. Ein paar Bahnfahrten mehr oder weniger machen wohl auch keinen Unterschied.

Es ist gut, dass es noch ein paar Wochen bis zum Start sind. Die Defragmentierung meiner Selbst ist noch nicht abgeschlossen. Die Unsicherheit macht sich nicht mehr breit, hat sich aber auch noch nicht verabschiedet. Ich fühle mich jung und voller Power. Und das liegt weder am Gin Tonic noch am Botox, dass sich langsam aber sicher in meinem Körper ausbreitet.