Oft wird Minimalismus so verstanden, dass es darum geht, mit möglichst wenig Dingen zu leben. Doch im Kern ist das gar nicht der Punkt. Es geht viel mehr darum, Abhängigkeiten und Ablenkungen zu reduzieren und sich stattdessen auf die Dinge im Leben zu konzentrieren, die wirklich wichtig sind. Wäre einem der Whirlpool wichtig, ließe sich auch das mit Minimalismus vereinbaren. Nur der Champagner im Whirlpool ist zu viel. Nein, trinkt so viel Champagner wie ihr wollt.

Was übersehen wird: Es sind nicht nur die physikalischen Dinge, die uns umgeben, sondern ebenfalls eine großen Menge von digitalem Ballast. Das bedeutet nun aber nicht, dass ihr auf eurem PC wahllos Dateien löschen sollt. Wobei doch, das wäre zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Noch besser ist es aber, die zu löschenden Dateien genau auszuwählen. Quasi eine Art Ausmisten auf dem Computer.

Je nachdem, wie viel Zeit man hat, kann man einfach nur uralte Dateien und Programme löschen. Oder man geht so weit und sortiert wirklich jedes Fotoalbum durch. Wer braucht bitte zehn Aufnahmen der gleichen Situation? Die Menschen neigen dazu, gleich mehrere Fotos zu machen, seitdem nicht mehr jedes Foto Geld kostet. Das waren noch Zeiten früher, als man einen Film in die Kamera einlegen musste. Und die Kamera war extern, also nicht im Handy integriert. Wie auch ohne Handy. Damals hießen Telefone noch Apparat. Ich kenne das übrigens nur von meinen Eltern und Großeltern, nicht dass jemand denkt ich wäre alt.

Das Handy ist noch viel wichtiger

Der PC ist die eine Sache, viel mehr umgeben wir uns aber mit einer anderen enorm wichtigen Erfindung: Dem Mobiltelefon. Unerwegt blinkt, piept oder klingelt es. Man kann keine Nacht durchschlafen, ohne dass alle paar Minuten völlig unwichtige Benachrichtigungen zugestellt werden. Es fällt gar nicht auf, wie viel Zeit und Aufmerksamkeit für das Checken dieser Benachrichtigungen draufgeht. Ist es denn wirklich so wichtig, dass wir über jede eingehende oder ausgehende Überweisung durch die Banking-App informiert werden oder dass uns die Running-App daran erinnert, dass wir viel gesünder wären, wenn wir joggen gingen?

Für mich gab es drei Schritte im Rahmen des iPhone-Minimalismus. Erster Schritt ist das Löschen unwichtiger Apps. Das waren bei mir ca. 80% der Apps. Ich komme jetzt mit einem Screen aus, kein Unterordner hat mehr als eine Seite.

Es gibt vielgenutzte Apps, bei denen eine genauere Betrachtung Sinn macht. Wenn man morgens aufsteht und als erstes im Bett Facebook checkt, wäre ein Gedanke darüber angebracht. Ist das notwendig? Gerade das Löschen der Facebook-App hat bei mir zu einer enormen Zeitersparnis geführt. Ja, das gilt auch für Instagram, aber da sieht man zumindest noch Fotos von hübschen Menschen. Facebook kann teilweise eher frustrieren und animiert zu Diskussionen mit Leuten, mit denen Diskussionen eh keinen Sinn haben. Die Zeit könnt ihr euch komplett sparen. Argumente ziehen nicht und Facebook zeigt euch genau die Beiträge an, über die ihr diskutieren werdet. Allgemein bezeichnet man das als „Filterblase“. Es gab dazu einen spannenden Netflix-Film namens „The Social Dilemma“. Unbedingt angucken!

Nun folgt der wichtigste Schritt: Einfach mal pauschal für alle noch vorhandenen Apps die Benachrichtigungen ausschalten. Nicht nur die Banner und das Aufblitzen, sondern auch die kleinen Nummern am App-Icon. Und vor allem die Töne. Einfach alles aus. Aus, aus, aus. Schon ist Ruhe.

Es gibt ein bis zwei Ausnahmen: Für die Telefon-App zum Beispiel sollte man nicht alles ausschalten, sonst klingelt es nicht mehr. Es gibt auch Leute, die Whatsapp-Calls nutzen. Am Ende ist es doch so: Wenn etwas wirklich wichtig ist, kann die Person auch anrufen. Es ist nicht notwendig, jede E-Mail direkt innerhalb von Minuten zu lesen oder zu beantworten. Durch das Abschalten der Benachrichtigungen gebt ihr euch selbst die Freiheit zu entscheiden, wann ihr eure E-Mails lest. Nämlich dann, wenn ihr die E-Mail-App anklickt.

Schritt drei ist etwas übertrieben, aber ich möchte ihn trotzdem nicht unerwähnt lassen: Das Ändern der Hintergrundbilder durch eine einfache schwarze Farbe. Alle Gedanken über Hintergrundbilder sind damit passé. Kann man auch am PC machen.

Wenn man wirklich zu viel Zeit hat, darf man auch das Adressbuch im Handy aufräumen und alle Personen löschen, von denen man nicht mehr weiß wer sie sind. Und alle, die man eh nicht mag. Und alle, mit denen man nur schlechte Erfahrungen verbindet. Aus dem Auge, aus dem Sinn, aus dem iPhone.

Digitalisierung von Papierkram: Nie wieder Ordner

Digitalisierung sorgt dafür, dass man statt vieler Ordner und Zettel viele Dateien hat. Klingt doof, ist aber aus vielerlei Gründen besser. Die Dokumente sind nicht nur sortiert und besser durchsuchbar, sie können auch nicht in einem Feuer verbrennen oder versehentlich entsorgt werden. Vorausgesetzt, man denkt an Backups und nutzt die Cloud.

Und das Ganze ist so einfach: Es gibt coole Apps, mit denen man alle Unterlagen abfotografiert. Sie werden dann automatisch in durchsuchbare PDF-Dateien konvertiert. Auf dem Speicher kann man die Dateien dann noch so benennen, dass man damit klarkommt. In meinem Fall ist das eine Ordner-Struktur nach Zweck (Firma/Privat) und Kategorie (Steuern, Versicherungen, Böse Briefe). In diesen Ordnern lege ich die Dateien dann mit Datum vorne ab, z.B. „2021-03-12 – Böser Finanzamt-Brief.pdf“.

Zugegeben, wenn man das mit allen Ordnern in Wohnung und Büro vor hat, dauert es einige Zeit. Aber bei der Gelegenheit überlegt man automatisch bei jedem Dokument, ob man es noch braucht. Glaubt mir, am Ende habt ihr maximal 25% euer Dokumente digitalisiert und den Rest entsorgt. Entsorgt ist wichtig, ihr wollt die Sachen ja nicht digital und in Papierform haben. Also immer weg mit allen digitalisierten Dokumenten. Wiederholung: Denkt aber an ein Backup.

Es gibt ein paar wenige Ausnahmen. Ich hoffe das kam jetzt nicht zu spät und ihr habt noch nicht alle Zettel verbrannt. Eure Geburts- oder Heiratsurkunde müsst ihr nach der Digitalisierung nicht entsorgen. Auch bei Buchhaltungsunterlagen ist Vorsicht angebracht. Es gibt ja noch dieses Gesetz mit der 10-Jahres-Aufbewahrungsfirst. Wusstet ihr eigentlich, dass das nur für Dokumente gilt, die ihr auch in Papierform erhalten habt? Ihr müsst also Rechnungen, die per E-Mail kamen, gar nicht ausdrucken und aufbewahren. Es reicht aus, wenn ihr diese direkt in das revisionssichere Buchhaltungsprogramm (z.B. DATEV Unternehmen online) hochladet. Dieser coole Fakt hat bei mir dazu geführt, dass meine komplette 2020er Buchhaltung in Papierform nur 10-20 Seiten hat. Und diese bewahre ich selbstredend für die nächsten zehn Jahre sicher auf. Klar.