Es ist ein Dienstag morgen, kurz nach 8 Uhr. Die Entscheidung zum über Bord werfen meines bisherigen Lebens ist nun ca. zwei Wochen alt. Es sind noch sechs Wochen bis zum Start der Testphase. Im Badezimmer fällt mir der Hinweis „großartiger Geschmack“ auf der Zahnpastatube auf. Ich denke darüber nach, wieso das da wohl steht. Auf Spotify läuft die „This is Herbert Grönemeyer„-Liste, die ich schrecklich finde. Das musikalische Gelaber ist noch schlimmer als mein Eigenes. Deutsche Musik werde ich nicht vermissen. Für das Duschen brauche ich 30 bis 45 anstatt der normalen 15 Minuten. Das sorgt schon seit Tagen dafür, dass mein Zeitplan leicht ins Wanken gerät, ich versuche daher früher aufzustehen. Aber die Dusche ist für mich der Ort, an dem ich am Besten nachdenken kann und an dem mir die besten Ideen kommen. So sieht es also in meinem Kopf aus: Grübeln, Nachdenken & eine heftige Anzahl von Ideen (und Lösungen). Ja, und seit ein paar Tagen auch Zweifel.

Wenn ich morgens aufstehe, gucke ich als erstes aus dem Fenster, um mich über das Wetter zu informieren. Überraschenderweise ist das zuverlässiger als die App, die man aus dem Bett benutzen könnte. Und es ist erstaunlich, wie sehr einfache Dinge wie das Wetter meine Laune beeinflussen. Aktuell regnet es seit Tagen nur, eine in der Tat wechselhafte Wetterlage bestehend aus Schnee, Regen, Hagel und minutenweise Sonne. Ob diese Tatsache meine Zweifel beflügelt oder das ein ganz normaler Prozess ist? Auf jeden Fall stelle ich mir dabei vor, wie diese Situation wohl von Spanien aussähe und lächele dabei. Es ist ein schönes Gefühl, welches die Zweifel für einen Moment überschreibt.

Es ertönt der Song „Alkohol ist dein Sanitäter in der Not“ und ich muss lachen. Das habe ich natürlich ausprobiert, hilft mir aktuell aber nicht. Die Gedanken und Zweifel lassen sich nicht abschalten. Ich brauche auch kein Rettungsboot, ich sehe mich nicht in Gefahr. Es ist wohl eher die Angst vor dem Unbekannten. Vor ebenfalls genau zwei Wochen habe ich meine längere Beziehung beendet, vielleicht ist auch das ein Punkt, der an mir nagt. War es die richtige Entscheidung? Ja, zumindest die grundsätzliche Entscheidung meines neuen Weges bereue ich nicht, auch wenn es Zeitpunkte gibt, an denen es schmerzt.

Zwischenzeitlich hat sich die Anzahl der Gegenstände in meinem Haushalt um mindestens 25% reduziert. Ich muss mich immer bremsen, um nicht welche von den Sachen abzugeben, die ich bis zum Start der Testphase (und dem eventuellen (theoretisch möglichen) Scheitern danach) benötige. Ohne Bett ist halt doof. Das Gefühl eine Sache abzugeben oder zu entsorgen, erfüllt mich mit großer Freiheit. Mit jedem einzelnen Gegenstand fällt mir ein Stein vom Herzen. Dabei ist es egal, ob es ein Fernseher oder ein Dekorations-Gegenstand ist. Mir fällt es nicht schwer, mich sogar von Dingen zu trennen, die mich viele Jahre meines Lebens und in vielen Wohnungen begleitet haben.

Nach Ende der Spotify-Playlist habe ich „Bochum“ von meiner Liste der Reiseziele innerhalb Deutschlands gestrichen. Nein, es stand nicht mal drauf. Ich habe zu diesem Zweck nun eine „da musst du wohl nicht so hin„-Liste angelegt.